Das Lied der Schattensänger

Hinter Mauern, dick, aus Stein,
in meiner Burg allein,
ein leben, selbsterwählt,
fern von allem, was mich quält.

Sicher ist es, ohne Frage,
weshalb ich Einsamkeit ertrage.
Alte Kämpfe wiegen schwer,
und nichts als neue fürcht’ ich mehr.

So Gequält von alten Tagen,
habe Steine ich getragen,
die zu jener Feste wachsen wollen,
Mauern, die mich schützen sollen.

Doch stehe ich auf meinen Türmen,
entkommen, jener Kriege Stürmen,
packt mich die Wehmut so allein,
es muss da draußen so viel sein.

Von meinem Turm möchte ich rufen,
man soll mich hinter Mauern suchen,
vor dem Lande stets versteckt,
das vor den Zinnen sich erstreckt.

Und jedes Klopfen wird ein Zittern,
ein Feind und Mord und Angriff wittern.
Ich werfe Steine von den Mauern,
in stetigem Bedauern.

Weil ich niemandem vertraue,
so, meine Festung höher baue,
um niemandem die Chance zu geben,
zu streiten um mein Überleben.

Und Hunger leidet diese Feste,
am kümmerlichen Reste,
dessen, was noch übrig bleibt,
wenn man den Ausbau so betreibt.

Hungernd, doch in Sicherheit,
blick’ ich auf das Land, so weit,
über Felder, Wälder, Auen,
in ernstlichem Misstrauen.

In jedem Schatten dort sind Augen,
die mir des Nachts die Ruhe rauben,
dort unten lauert es, mit allem schlimmen,
hier oben kauere ich, hinter den Zinnen.

Vögel ziehen um die Wehr,
und mir wird das Herz so schwer,
denn sie flattern, fröhlich frei,
kommen unbeschwert vorbei.

Von jenem Land — das ich so meide,
für das ich so viel Aufwand treibe,
um es niemals zu besuchen,
höre ich die Vögel rufen.

Doch einer dieser Sänger blieb,
der, mit dem ich Spiele trieb,
plötzlich von den Mauern fern,
doch sähe ich ihn doch so gern.

Sein Singen fehlte, so entsetzlich,
er schien mir fröhlich, frei, verletzlich.
Der Tag zog stumm vorüber,
mit jedem Tage trüber.

Und nach grauenhafter Nacht,
habe ich mich aufgemacht,
in Angst es zu bedauern,
durch jene Augen, die dort lauern.

Um dieses flöten, tänzeln, singen,
zurück in meinen Sinn zu bringen,
mit Waffe, Rüstung, Helm und Schild,
mal schleichend, laufend, stürmend, wild.

Auf jene Augen, die dort starren,
stetig kampfeslustig harren,
dem Schicksal trotzig und erbost,
um zu erretten, meinen Trost.

So erreicht‘ ich Schatten,
die von dort oben Augen hatten,
doch nun leer und völlig still,
wo kein Aug’ sich öffnen will.

Doch zittert, raschelt dort im Dunkel,
vielstimmig murmelnd das Gemunkel,
und plötzlich wollten tausend Augen,
mir meinen Mut zur Rettung rauben.

Ich schrie und sah mit Schrecken,
die Augen sich verstecken.
Vielmehr funkelnd — vorsichtig,
sich vor mir zierend, wissentlich.

So blieb ich still und blickte offen,
schien plötzlich jäh zu hoffen.
Unerwartet Neugier spürend,
mich in jene Schatten führend.

Nun umfangen von den Augen,
erfüllt mit Treu und Glauben,
konnte ich mir nicht verkneifen,
das verstummte Lied zu pfeifen.

Es schien mir, als ob dort im Schatten,
viele Anteil daran hatten,
plötzlich sangen jene Flecken,
ihren Lebensmut entdecken.

Und flattern funkeln, königlich,
durchbrach die Stille willentlich,
zu meiner Freunde, tausend mehr,
wie war mir nur das Herz je schwer.

Und jenes stete funkeln,
war doch stets ein Licht im Dunkeln,
Wollte ich doch meinen Augen trauen,
statt mich vor fremden Augen grauen.

Des Tags, so zieh’ ich nur recht oft,
in jenen Schatten unverhofft,
meine Schattensänger suchen,
die so oft nach mir rufen.

Denn lass’ ich dies länger bleiben,
weiß ich, wird einen Vogel treiben,
jenes Spiel, mit dem er lockt,
jenen, der in Kerker hockt.

Nur einmal muss er singen,
um mich vor die Tür zu zwingen.
bin ich froh, dass er mich störe,
auf dass ich seine Freunde höre.

Und nun, des Nachts auf meinen Mauern,
gibt es nur noch zu bedauern,
dass kein Schatten ist, im Dunkeln.
und Sterne einzig Augenfunkeln.

So schlafe ich die Nächte,
im Vertrauen auf die Mächte,
die dort im Schatten funkeln,
leuchtend Augen, dort im Dunkeln.


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